Interview mit Walter Spießl

Aktuelles Interview mit Walter Spießl, dem langjährigen und erfahrenen Organisator der Altkleider- und Altpapiersammlungen. Eine Thematik, die von einem Teil der Bevölkerung eifrig unterstützt, vom anderen Teil der Bürger überhaupt nicht mehr wahrgenommen wird.


Herr Spießl, erst kürzlich konnte die Kolpingsfamilie einen stattlichen Betrag an die Missionsgemeinschaft Bayern überweisen. Woher stammt das Geld?

Spießl: Wir verkauften das gesammelte Altpapier aus unserer Frühjahrsaktion an einen Händler. Dabei konnten wir sage und schreibe 950 Euro erlösen und nach Kemnath weitergeben. Die Altkleider gingen zur weiteren Verwertung direkt an die Missionsgemeinschaft.


Sind Altmaterialsammlungen in Anbetracht der Papiertonne für jeden Haushalt und der Altkleidercontainer in den Recyclinghöfen heute überhaupt noch zeitgemäß?

Spießl: Diese Frage kann ich auf alle Fälle mit einem klaren Ja beantworten. Wenn ich das letzte Ergebnisse mit fast 20 Tonnen Altpapier und acht Tonnen Altkleider anschaue, ist mir klar, dass unsere Sammlungen einen Sinn haben. Sicher, in den Blütejahren haben wir schon mehr Papier als heute gesammelt, die Kleidermengen hielten sich relativ konstant. Seit Einführung der blauen Tonne haben die Papiermengen natürlich abgenommen. Unser gesammeltes Altpapier hat aber einen höheren Wert, weil es vorsortiert und damit von Industrie gefragter ist.


Setzen Sie deswegen noch immer auf das Sammeln von Altpapier? Die Kolpingsfamilie ist doch nahezu die einzige Organisation, die neben den Gebrauchtkleidern noch Papier sammelt?

Spießl: Wir sammeln heuer seit 35 Jahren regelmäßig Altkleider- und Altpapier. Die KF hat auch gesammelt, als das Papier überhaupt nichts und die Kleider wenig wert waren. Für die helfende Bevölkerung sind wir ein zuverlässiger Partner, der in schwierigen Zeiten nicht den Kopf in den Sand gesteckt hat. Außerdem sprechen die alljährlichen Ergebnisse und Gelderlöse für sich selber. Das wissen auch viele Mitbürger, die für den guten Zweck fleißig weiter sammeln.


Warum heben viele das Papier nicht mehr bis zur Sammlung auf, obwohl durch die Altmaterial-Aktionen so gute Erlöse erzielt werden können?

Spießl: Weil es einfacher und bequemer ist, Zeitungen, Prospekte und Kataloge in die Papiertonne zu werfen, als sie zu bündeln, aufzuheben und wieder eigens zur Sammlung herzurichten. Viele Bürger aber nehmen diese Arbeit gerne in Kauf, weil sie wissen, damit etwas Gutes zu tun. Nicht umsonst heißt es „In Liebe dienen“ oder „Helft uns helfen“. Gerade die Pfarrer aus Rötz, Heinrichskirchen, Hiltersried, Schönthal und Döfering unterstützen unsere Sammlungen in ihren Pfarreien ganz besonders.


Was genau verstehen Sie unter dem oft genannten „guten Zweck, der guten Sache“, für die Sie zweimal jährlich sammeln?

Spießl: Im Frühjahr unterstützen wir die Missionsgemeinschaft Bayern mit Sitz in Kemnath. Diese Einrichtung fördert Projekte in allen Kontinenten. Zum Beispiel wurden Brunnen in Tansania gebohrt, Handwerkerkästen in Togo angeschafft, es wurde ein Kindergarten in Peru gebaut, ein Straßenkinderprojekt in Korea unterstützt und Flüchlingshilfe in Bosnien gewährt. Viele Missionare aus der nahen und weiten Heimat erhalten das Geld persönlich und verwenden es zweckgebunden. Im Herbst fließt der Erlös der Sammlung zum Großteil an Projekte des Kolpingwerkes in Brasilien, mit dem der Diözesanverband Regensburg eine Partnerschaft pflegt. Das grundlegende Prinzip der Entwicklungszusammenarbeit des Kolpingwerkes ist dabei die Hilfe zur Selbsthilfe.


Wie sehen Sie als leidenschaftlicher Organisator zum „halbrunden“ Jubiläum von 35 Jahren die Zukunft der Altkleider- und Altpapiersammlungen?

Spießl: In Rötz und Umgebung haben sich die Kolping-Sammlungen etabliert. Wir sind als saubere Sammler bekannt und lagern auf Wunsch auch Material zwischendurch ein. Solange uns die Bürger weiterhin unterstützen, sehe ich nicht bange in die Zukunft. Vielleicht können wir zukünftig wieder mehr Menschen zum Sammeln anregen. Auch unsere eigenen Mitglieder helfen gerne bei der Sammlung. Außerdem gibt es noch immer genügend Firmen und Familien, die ihre Fahrzeuge für den guten Zweck kostenlos zur Verfügung stellen.

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